Nikolaus

Wer ist Nikolaus?

Der heilige Nikolaus von Myra ist eine der bekanntesten Gestalten der christlichen Tradition, deren Leben im 4. Jahrhundert in Kleinasien geprägt war von Nächstenliebe und Wundern. Seine Verehrung als Schutzpatron der Kinder und Seefahrer erstreckt sich über verschiedene Kulturen und Regionen mit unterschiedlichen Bräuchen.

Die historische Figur: Bischof von Myra

Nikolaus lebte um 280 bis 350 nach Christus als Bischof in der römischen Provinzhauptstadt Myra im heutigen Demre, Türkei. Sie finden dort noch heute Reste einer alten Nikolauskirche, die an den historischen Ort erinnert.

Der Name Nikolaus bedeutet im Griechischen „Sieger des Volkes“. Er stammte aus einer wohlhabenden Familie in der Region Lykien im Südwesten Kleinasiens.

Als seine Eltern früh starben, war Nikolaus wahrscheinlich noch minderjährig. Den geerbten Reichtum empfand er als Bürde und verschenkte sein Vermögen an Arme und Bedürftige.

Schon früh verkehrte er im Hause des gelehrten Bischofs von Patara. Diese Verbindung prägte seine spätere geistliche Laufbahn erheblich.

Legenden und Wunder des heiligen Nikolaus

Um den heiligen Nikolaus ranken sich zahlreiche Wundergeschichten, die seine Barmherzigkeit verdeutlichen. Die bekannteste Legende erzählt von drei Töchtern eines verarmten Vaters.

Der verzweifelte Vater wollte seine Töchter zur Prostitution schicken, da er keine Mitgift für standesgemäße Eheschließungen aufbringen konnte. Nikolaus half, indem er heimlich nachts Goldstücke durch das Fenster warf.

Diese Geschichte begründete den Mythos des barmherzigen Helfers, der unerkannt Kinder beschenkt. Weitere Legenden berichten von seiner Hilfe für Seefahrer in Not.

Er soll das Navigieren übernommen, die Segel richtig gesetzt und Stürme beruhigt haben. Sogar die Erweckung von Toten wird ihm zugeschrieben.

Patron aller Kinder und Schutzheiliger

Der heilige Nikolaus wurde zum Schutzpatron verschiedener Gruppen. Als Patron der Seefahrer und Kaufleute stieg er zum Schutzpatron der Hanse auf.

Etliche Nikolaikirchen in Hansestädten wie Rostock, Wismar und Stralsund zeugen davon. In Russland wurde St. Nikolaus sogar zum Nationalheiligen erhoben.

Besonders als Patron der Kinder prägte er die christliche Tradition. Im Mittelalter zählte er zu den beliebtesten Heiligen der Christenheit.

Die katholische Kirche verehrt ihn häufig als „Nothelfer“. Orthodoxe Christen bezeichnen Sankt Nikolaus ebenfalls als einen ihrer wichtigsten Heiligen.

Regionales Brauchtum und Namensvarianten

Je nach Region erscheint Sankt Nikolaus in unterschiedlicher Gestalt. Im süddeutschen Raum trägt er traditionelles Bischofsgewand mit Stab und Mitra.

Im Norden Deutschlands sehen Sie ihn als gemütlichen alten Mann mit weißem Rauschebart und rotem Mantel. Diese Darstellung ähnelt stark dem Weihnachtsmann.

Die Namensvarianten umfassen:

  • Sankt Nikolaus (Deutschland)
  • Saint Nicholas (England)
  • Nikola (Südosteuropa)
  • Santa Claus (USA)

Der 6. Dezember gilt als sein Todestag und wird als Nikolaustag gefeiert. An diesem Tag stellen Kinder traditionell ihre Stiefel vor die Tür.

Traditionen und Feierlichkeiten am Nikolaustag

Der Nikolaustag am 6. Dezember bringt jahrhundertealte Bräuche mit sich, die von geputzten Stiefeln voller Süßigkeiten bis zu regionalen Backtraditionen reichen. Diese Feierlichkeiten unterscheiden sich je nach Region erheblich, wobei die Freude der Kinder überall im Mittelpunkt steht.

Nikolausstiefel und Geschenke für Kinder

Am Vorabend des 6. Dezembers stellen Kinder ihre sauber geputzten Schuhe oder Stiefel vor die Tür. Diese Tradition geht auf die Legende zurück, dass der heilige Nikolaus Goldklumpen durch Fenster warf, um bedürftigen Familien zu helfen.

Traditionelle Nikolausgeschenke umfassen:

  • Nüsse und Mandarinen
  • Schokoladen-Nikoläuse
  • Lebkuchen und Plätzchen
  • Kleine Spielwaren

Die Geschenke sollen bescheiden bleiben, da der Nikolaustag nicht die Hauptbescherung darstellt. In manchen Familien kommt der Nikolaus auch persönlich vorbei und überreicht die Gaben direkt.

Dieser Brauch ist besonders in Deutschland, Österreich und den Niederlanden weit verbreitet. Die Freude der Kinder am Morgen des 6. Dezembers macht diese Tradition zu einem besonderen Erlebnis der Adventszeit.

Die Rolle von Knecht Ruprecht und anderen Begleitern

Der Nikolaus wird traditionell von einem dunklen Begleiter begleitet, der für die Erziehung der Kinder zuständig ist. Knecht Ruprecht ist die bekannteste Figur in Deutschland, besonders in den nördlichen Regionen.

In verschiedenen Gebieten trägt dieser Begleiter unterschiedliche Namen:

  • Krampus in Österreich und Süddeutschland
  • Zwarte Piet in den Niederlanden
  • Père Fouettard in Belgien und Frankreich

Knecht Ruprecht fragt die Kinder nach ihrem Benehmen im vergangenen Jahr. Gut erzogene Kinder erhalten Süßigkeiten, während ungehorsame traditionell eine Rute bekommen.

Diese Figuren sollen Kindern Respekt und gutes Benehmen vermitteln. Moderne Interpretationen konzentrieren sich jedoch mehr auf die positive Botschaft des Nikolaus als auf die Strafdrohungen der Begleiter.

Backtraditionen: Stutenkerl und Gebäck

Der Stutenkerl ist eine traditionelle Hefeteigfigur, die besonders im Rheinland und in Westfalen gebacken wird. Diese männchenförmigen Brote symbolisieren den heiligen Nikolaus und werden oft mit Rosinen verziert.

Regionale Variationen des Stutenkerls:

  • Weckmann im Rheinland
  • Dambedei in Süddeutschland
  • Grittibänz in der Schweiz

Neben dem Stutenkerl werden am Nikolaustag verschiedene Lebkuchen und Spekulatius gebacken. Diese Süßwaren gehören fest zur Nikolaustradition und werden sowohl zu Hause als auch auf Weihnachtsmärkten verkauft.

Das gemeinsame Backen stärkt die Familientradition und bereitet Kinder auf den besonderen Tag vor. Viele Bäckereien bieten spezielle Nikolausgebäck nur in der Zeit um den 6. Dezember an.

Unterschiede zwischen Regionen und Ländern

In Deutschland variieren die Nikolausbräuche erheblich zwischen Nord und Süd. Norddeutschland kennt hauptsächlich Knecht Ruprecht, während in Süddeutschland und Österreich der Krampus dominiert.

Regionale Besonderheiten:

  • Niederlande: Sinterklaas am 5. Dezember mit großer Bescherung
  • Belgien: Combination aus deutschen und französischen Traditionen
  • Österreich: Krampusläufe und alpine Bräuche

In den deutschsprachigen Ländern ist der Nikolaustag ein wichtiges Kinderfest. Die Niederlande und Belgien feiern intensiver als Deutschland, während andere europäische Länder den Tag kaum begehen.

Die Niederlande behandeln den Nikolaustag sogar wichtiger als Weihnachten. Dort bringt Sinterklaas die Hauptgeschenke, nicht der Weihnachtsmann.

Nikolaus im Wandel: Von der Tradition zu Santa Claus

Die Nikolausfigur durchlief über die Jahrhunderte eine bemerkenswerte Verwandlung von einem katholischen Heiligen zum modernen Weihnachtsmann. Diese Entwicklung wurde durch religiöse Reformen, kulturelle Vermischungen und kommerzielle Einflüsse geprägt.

Der Einfluss von Martin Luther und das Christkind

Martin Luther wetterte heftig gegen die katholischen Nikolausbräuche und bezeichnete sie als „Fastnachts-Narrheiten“. Der Reformator wollte die Verehrung katholischer Heiliger eindämmen und schuf eine protestantische Alternative.

Das Christkind als protestantischer Gabenbringer ersetzte in evangelischen Gebieten den Nikolaus. Luther verlegte die Bescherung vom 6. Dezember auf den 24. oder 25. Dezember. So sollten die Geschenke direkt mit Christi Geburt verbunden werden.

Das Christkindl etablierte sich besonders in deutschen protestantischen Regionen. Interessant ist, dass heute vor allem katholische Familien diese ursprünglich protestantische Tradition pflegen. Der Nikolausbrauch bestand jedoch parallel weiter und gewann im 19. Jahrhundert neue Bedeutung.

Diese religiöse Spaltung führte zu regionalen Unterschieden. Während Sie in protestantischen Gebieten das Christkind finden, blieb der Nikolaus in katholischen Regionen dominant.

Verwandlung in Weihnachtsmann und Santa Claus

Der moderne Weihnachtsmann entstand im 19. Jahrhundert als Kompromiss zwischen alter Nikolaustradition und neuen Bedürfnissen. Hoffmann von Fallersleben erwähnte ihn 1835 erstmals in seinem Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“.

Moritz von Schwind zeichnete 1847 den Weihnachtsmann als bärtigen alten Mann. Diese Darstellung basierte auf den traditionellen Nikolausbildern, verlor aber die Bischofskleidung. Der Weihnachtsmann trug nun einen einfachen roten Mantel statt der Mitra.

Verschiedene europäische Traditionen verschmolzen miteinander:

  • Sinterklaas aus Holland
  • Father Christmas aus England
  • Deutscher Nikolaus mit seinem Knecht Ruprecht
  • Krampus aus dem Alpenraum

Der Father Christmas brachte die Vorstellung eines freundlichen, geschenkebringenden Mannes mit. Sinterklaas steuerte den Namen bei, der später zu „Santa Claus“ wurde.

Tradition in Nordamerika und durch Auswanderer

Thomas Nast, ein deutscher Auswanderer, revolutionierte 1863 die Santa-Claus-Figur in Amerika. Er schuf eine Mischung aus deutschem Nikolaus, holländischem Sinterklaas und englischem Father Christmas. Nasts Santa hatte einen dicken Bauch und eine Pelzhaube.

Diese amerikanische Version kehrte nach Deutschland zurück. Bis 1930 glaubte bereits die Hälfte der deutschen Kinder an den Weihnachtsmann statt ans Christkind. Deutsche Auswanderer hatten ihre Traditionen mitgenommen und transformiert zurückgebracht.

Haddon Sundblom gestaltete ab 1931 die Coca-Cola-Werbung mit dem rot-weißen Weihnachtsmann. Diese Kampagnen verbreiteten das moderne Santa-Bild weltweit. Die rote Kleidung existierte bereits seit den 1920er-Jahren, wurde aber durch Coca-Cola ikonisch.

In deutschsprachigen Ländern konkurrierten nun drei Figuren: Nikolaus, Christkind und Weihnachtsmann. Jede Region entwickelte ihre eigenen Präferenzen, wobei kommerzielle Einflüsse den amerikanischen Santa zunehmend stärkten.