Bedeutung und Ursprung des Michaelistags
Der Michaelistag am 29. September ehrt den Erzengel Michael und hat tiefe Wurzeln in der christlichen Tradition. Seine Entwicklung reicht vom frühen Christentum bis zu den englischen Quarter Days zurück.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Ursprünge des Michaelistags reichen bis ins frühe Christentum zurück. Papst Gelasius I. legte im Jahr 493 fest, dass der Erzengel Michael mit einem eigenen Feiertag geehrt werden sollte.
Ursprünglich war der Tag nur dem Erzengel Michael gewidmet. Im Laufe der Zeit wurde das Fest erweitert, um auch die Erzengel Gabriel und Raphael zu ehren.
Der 29. September wurde bewusst gewählt, da er in die Zeit des Herbstbeginns fällt. Diese Jahreszeit symbolisiert den Übergang zwischen Licht und Dunkelheit, was zur Verehrung Michaels als Kämpfer gegen das Böse passt.
In mittelalterlichen Gesellschaften hatte der Michaelistag große praktische Bedeutung. Er markierte das Ende der Erntezeit und den Beginn der dunklen Jahreszeit.
Michaelistag als kirchlicher Festtag
In der katholischen und evangelischen Kirche feiern Sie an diesem Tag die Erzengel Michael, Gabriel und Raphael. Michael gilt dabei als der streitbarste Erzengel, der Luzifer bezwungen haben soll.
Der heilige Michael wird traditionell als Verteidiger des Glaubens verehrt. Deshalb sehen Sie ihn auf Bildnissen oft mit Rüstung, Schild und Schwert dargestellt.
Das Fest symbolisiert den Sieg des Guten über das Böse. Diese Botschaft macht den Michaelistag zu einem wichtigen spirituellen Ereignis im Kirchenjahr.
Obwohl Sankt Michael in der Bibel als „Anführer der himmlischen Heerscharen“ eine zentrale Rolle spielt, wird sein Namenstag heute oft übersehen. Früher hatte er jedoch große gesellschaftliche Bedeutung.
Verbindung zu Michaelmas und Quarter Days
Im englischsprachigen Raum kennen Sie den 29. September als Michaelmas. Dieser Tag war einer der vier Quarter Days im traditionellen englischen Kalender.
Die Quarter Days teilten das Jahr in vier Abschnitte und dienten als wichtige Termine für:
- Mietzahlungen
- Pachtverträge
- Gerichtstermine
- Schulbeginn
Michaelmas markierte den Herbstbeginn und war besonders wichtig für landwirtschaftliche Gemeinschaften. An diesem Tag endeten Arbeitsverträge und neue wurden geschlossen.
Diese weltliche Bedeutung machte den Michaelistag zu einem der wichtigsten Termine im mittelalterlichen Kalender. Die Verbindung von religiösem Fest und praktischen Terminen prägte das gesellschaftliche Leben erheblich.
Der Erzengel Michael und seine Rolle
Der Erzengel Michael nimmt als himmlischer Kämpfer und Schutzpatron eine zentrale Stellung im christlichen Glauben ein. Seine Verehrung prägt nicht nur religiöse Traditionen, sondern auch volkstümliche Bräuche und landwirtschaftliche Weisheiten rund um den Michaelistag.
Die Erzengel in Religion und Brauchtum
Michael steht als mächtigster der Erzengel im Mittelpunkt des Michaelistags. Sein Name bedeutet „Wer ist wie Gott?“ und unterstreicht seine besondere Stellung als Verteidiger des Glaubens.
In der christlichen Überlieferung kämpft er gegen den Drachen und symbolisiert den Triumph des Guten über das Böse. Die Kunst zeigt ihn meist in Ritterrüstung mit Schwert und Seelenwaage.
Neben Michael werden am 29. September auch die Erzengel Gabriel und Raffael verehrt. Gabriel verkündete Maria die Geburt Jesu und wird oft mit einer Lilie dargestellt. Raffael gilt als Heilungsengel und Begleiter der Reisenden.
Diese drei Erzengel bilden zusammen das himmlische Trio, das Gottes Botschaften an die Menschen überbringt. Ihre Verehrung durchzieht die gesamte christliche Tradition und Ikonographie.
Bräuche und Redewendungen am Michaelistag
Am Michaelistag finden Sie in vielen Regionen traditionelle Märkte und Volksfeste. Die berühmte „Micheles Mess“ in Miltenberg zeigt, wie lebendig diese Traditionen noch heute sind.
Im Mittelalter diente Michaelis als wichtiger Stichtag für Gerichtsverhandlungen und Pachtverträge. Dieser Tag markierte das Ende vieler Geschäftsjahre und den Beginn neuer Vereinbarungen.
Volkstümliche Redewendungen ranken sich um diesen Tag:
- „Michaeli ist der Richttag“
- „Zu Michaeli wird abgerechnet“
Die weiße liturgische Farbe an Michaelis unterstreicht die Bedeutung als Christusfest. In der Reformationszeit zählte dieser Tag zu den großen kirchlichen Feiertagen.
Wetterregeln und landwirtschaftliche Bedeutung
Der 29. September markiert traditionell den Übergang zum Winterhalbjahr. Bauern orientierten sich an diesem Datum für wichtige landwirtschaftliche Entscheidungen.
Bewährte Bauernregeln zu Michaelis lauten:
- „Wenn Michaelis ist klar und rein, wird ein langer Winter sein“
- „Nach Michaeli nebelfrei zehn Tage Sonnenschein man sei“
Diese Wetterregeln halfen Ihren Vorfahren bei der Planung von Ernte und Wintervorbereitungen. Der Michaelistag galt als verlässlicher Indikator für das kommende Wetter.
Landwirtschaftliche Arbeiten wie das Einbringen der letzten Ernte und die Vorbereitung der Felder für den Winter richteten sich nach diesem Datum. Michaelis fungierte somit als natürlicher Kalender im bäuerlichen Jahr.
Musikalische Bedeutung: Bachs Werke zum Michaelistag
Johann Sebastian Bach schuf mehrere bedeutende Kantaten für den Michaelistag, der zu seiner Zeit ein wichtiger Feiertag war. Die Kantate BWV 19 „Es erhub sich ein Streit“ gilt als sein Meisterwerk für diesen Anlass und verbindet dramatische Kampfszenen mit tröstenden Engelschören.
Bachs Kantaten für Michaelistag
Bach komponierte insgesamt vier erhaltene Kantaten für den Michaelistag. Der Feiertag hatte damals große Bedeutung und stand auf ähnlicher Stufe wie Weihnachten oder Ostern.
Zusätzlich fiel der Michaelistag mit dem Beginn der wichtigen Leipziger Michaelismesse zusammen. Diese doppelte Bedeutung erforderte besonders festliche Musik.
Sie können in Bachs Michaeliskantaten eine einzigartige Mischung aus dramatischen Chorsätzen und lieblichen Arien entdecken. Diese Kombination macht die tröstende Kraft der Engel für die Zuhörer erlebbar.
Die Kantaten orientieren sich an den damaligen Lesungen für Michaelis. Bach schuf damit Musik, die perfekt zur liturgischen Bedeutung des Festtags passte.
Es erhub sich ein Streit BWV 19
BWV 19 entstand vermutlich um 1726 und gehört zu Bachs bedeutendsten Festtagskantaten. Der Text basiert auf der Offenbarung des Johannes, Kapitel 12, die den Kampf zwischen Erzengel Michael und dem Drachen beschreibt.
Der Eingangschor stellt Ihnen den himmlischen Kampf in all seiner Dramatik vor Augen. Bach verwendet hier turbulente und wuchtige Chorpassagen, die den Streit musikalisch darstellen.
Die Kantate gliedert sich in mehrere Sätze, die vom biblischen Geschehen zur persönlichen Anwendung führen. Sie erleben zunächst den Kampf selbst, dann dessen Bedeutung für den Gläubigen.
Besonderheiten der Kantate:
- Dramatische Darstellung des Himmelskampfes
- Kontrastierung von Dunkelheit und Licht
- Tröstende Engelschöre als Gegenpol
- Virtuose Orchestrierung
Die späteren Sätze wechseln zu einem tröstlicheren Charakter. Bach zeigt Ihnen hier die schützende Kraft der Engel durch sanftere musikalische Mittel.
BWV 50, 130 und 149 im Überblick
BWV 50 „Nun ist das Heil und die Kraft“ ist nur als Choralsatz überliefert. Dieser mächtige Doppelchor zählt zu Bachs imposantesten Chorwerken überhaupt.
Die Kantate verwendet einen achtstimmigen Chor mit vollem Orchester. Sie erleben hier pure musikalische Kraft, die den Triumph des Erzengels Michael verkörpert.
BWV 130 „Herr Gott, dich loben alle wir“ stammt aus dem Jahr 1724. Diese Kantate gehört zu Bachs Choralkantaten-Jahrgang und verarbeitet den gleichnamigen Michaelischoral.
BWV 149 „Man singet mit Freuden vom Sieg“ entstand 1729 als Bachs letzte erhaltene Michaeliskantate. Der Schlusschor ist eine geschickte Parodie aus der Jagdkantate BWV 208.
Diese Kantate verbindet weltliche und geistliche Elemente auf meisterhafte Weise. Bach zeigt Ihnen hier seine Kunst der Parodie, bei der er weltliche Musik für geistliche Zwecke umarbeitet.